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Ganz nach dem Motto: »Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.« (Karl Valentin)
Es war Sonntag und ging auf Mitternacht zu. Da überfiel ihn wieder dieser unerträgliche Durst. Ihn dürstete nach einem Buch. Er musste etwas lesen, sich etwas ansehen, wollte seinen Verstand gebrauchen.
Um solche, in diesen Zeiten fast verdächtigen Wünsche zu befriedigen, gab es nur eine Möglichkeit: den Buchomaten.
In der Stadt, an einigen versteckten Ecken, hatten ein paar dieser Buchspender überlebt. Man ließ sie unbehelligt. Eine Geste des Mitleids gegenüber der winzigen Minderheit der Lesenden, die sich zäh am Leben hielt.
Der für ihn nächste Buchomat stand nur eine Straßenecke entfernt. Aber es war mitten in der Nacht und nicht ratsam, jetzt auf die Straße zu gehen.
Doch sein Durst wurde immer schlimmer. So ging er schließlich hinunter, schaute sich, die Haustür offen lassend, eine Weile nach allen Seiten um, beobachtete angestrengt die besonders dunklen Partien der Gegend und rannte dann los. Am Buchomaten angekommen, stopfte er hastig die, alten Fünf-Mark-Stücken nachgeahmten, Chips in den Schlitz und zog aus allen drei Fächern eines der ihm so kostbaren Büchlein. Bevor er zurückspurtete, mochte er es nicht unterlassen, für einen Moment zärtlich über den Automaten zu streichen. Diesen sympathischen, etwas spröden, alten Kasten.
Schwer keuchend den sicheren Hauseingang erreichend, drehte er sich noch einmal um, sah schwere Schatten sich aus nebligem Hintergrund lösen, obszöne Flüche erreichten ihn. Er war schneller gewesen, jetzt konnten sie ihm nichts mehr anhaben.
Sicher war bemerkt worden, weshalb er solch ein Risiko einging und er bekam etwas Angst um seinen Buchomaten. Hoffte, dass dieses Gerät letztendlich zu fremd und uninteressant für diese Leute war, als dass sie es jetzt oder eines anderen Tages zerstören würden.
In seiner winzigen Wohnung unterm Dach angekommen, sah er sich seine Schätze an. Er konnte zufrieden sein. Seit seinem letzten Rendezvous mit dem Buchomaten, war dessen Programm gewechselt worden. Zwei Bände sah er zum ersten Mal. Der dritte, »Automatenträume«, den er schon lange besaß und besonders liebte, ließ sich vielleicht verschenken oder unter Sammlern tauschen. Die beiden anderen waren »Die Änderung des Lebens« von Ulli Harth, mit Grafik von Jürgen Wölbing, die Nummer 1 der Reihe – endlich – und ein von Susanne Melchert gestaltetes Bändchen mit einem Text von Ray Bradbury.
Er holte seine Sammlung hervor, setzte sich, bei Kerzenlicht und einem Glas Rotwein, an den Küchentisch und breitete alles vor sich aus. Blätterte in den Büchlein, bis der heftigste Durst gestillt.
Wieviel verschiedene Bändchen es wohl gab? Immerhin besaß er fast fünfzig Stück. Darunter auch einige Originale, die er stets mit äußerster Ehrfurcht in die Hände nahm. In einem steckte sogar noch ein handgeschriebener und schon verblaßter Zettel. Der wohl nie eingelöste Coupon für eine Grafik.
Er entdeckte die Reihe damals auf einem dieser aggressiven Flohmärkte, über die zu schlendern nicht ungefährlich war. Er tat so, als ob er nicht bemerkte, wie ihm die Brieftasche entwendet wurde, wichtig waren ihm die Buchomat-Büchlein, die er fest an sich drückte. Was er aus den Buchomaten zog waren natürlich Kopien. Aber perfekte Kopien, perfekt wie künstliche Blumen, die man von echten erst bei der Berührung voneinander unterschied.
Seit einiger Zeit verbreitete sich das Gerücht unter Sammlern, einige Mitarbeiter der Original-Buchomat-Kunstbuchreihe seien noch aktiv. Altehrwürdige Gestalten, die sich zusammen gefunden hätten, um noch einmal, ein einziges Mal, ein neues Original-Büchlein herzustellen. Diesen Edelstein in die Hände zu bekommen, wäre für ihn das größte Glück auf Erden.
(geschrieben ca. 1996)
Mit Adrian Frutiger ist am 12.09.2015 einer der bedeutendsten Schriftengestalter der Welt im Alter von 87 Jahren gestorben.
Einen ausführlichen Artikel über das Schaffen von Adrian Frutiger und seine Bedeutung für die Typografie von heute, erfahren Sie in dem Artikel auf page-online.de.
Ungefähr zwei Tonnen schwer, über 2 Meter hoch und ein Meisterwerk des Ingenieurwesens – die Linotype-Setzmaschine, benannt nach ihrer Arbeitsweise des zeilenweisen Satzes (»a line of type«). Jede Zeile wurde vom Maschinensetzer gesetzt bzw. getastet, in einer Bleilegierung gegossen und seitenweise zu Druckstöcken zusammengesetzt.
Ähnlich wie das Internet heute, veränderten die Linotype-Setzmaschinen die Informationsvermittlung radikal. Konnte ein guter Handsetzer 1.500-1.700 Zeichen pro Stunde setzen, schaffte ein Setzer an der Linotype-Setzmaschine bis zu 6.000 Zeichen pro Stunde. Doch trotz dieses Verdienstes wurden die Maschinen nach und nach verschrottet. Nur wenige Exemplare haben überlebt. Doug Wilson hat diesem Meilenstein der Kommunikationstechnologie ein filmisches Denkmal gesetzt: »Linotype: The Film«. 2012 kam er in die Kinos und kann heute über den iTunes Store oder Amazon-Video gemietet werden.
Weitere Infos zum Film auf linotypefilm.com und zur Linotype-Setzmaschine auf wikipedia.de.
Am 4. Juni 2015 verstarb Hermann Zapf, einer der bedeutendsten Schriftgestalter des 20. Jahrhunderts, im Alter von 96 Jahren in Darmstadt.
Ulf Erdmann Ziegler widmet ihm einen Nachruf auf sueddeutsche.de.
Jürgen Sieberts Nekrolog mit einer umfassenden Liste von Nachrufen auf fontshop.de.
Seit 2013 erscheint im Göttinger Wallstein Verlag die von Klaus Detjen herausgegebene Buchreihe »Ästhetik des Buches«. Autoren aus verschiedenen Disziplinen widmen sich den einzigartigen ästhetischen, kulturellen und wahrnehmungspsychologischen Qualitäten des gedruckten Buchs. In Essays, Portraits und Kommentaren wird das Buch, seine Optik, Haptik und Formgebung, seine Funktionen und Wirkungen, aber auch die Tradition der Typographie und der Buchgestaltung diskutiert. Dieser Diskurs zur Buchform und zum Buch als Form konzentriert sich auf die sinnlichen und lesetechnischen Vorteile dieses Mediums und vermittelt Einblicke in die Arbeit daran.
Bisher erschienen sind 18 Bände und 1 Sonderband:
Bd. 1: Hans Andree: normal regular book roman. Ein Beitrag zur Schrift- und Typografiegeschichte.
Bd. 2: Günter Karl Bose: Das Ende einer Last. Die Befreiung von den Büchern.
Bd. 3: Gerd Fleischmann: Tschichold – na und?
Bd. 4: Roland Reuß: »Die perfekte Lesemaschine«. Zur Ergonomie des Buches.
Bd. 5: Uwe Jochum: Medienkörper. Wandmedien – Handmedien – Digitalia.
Bd. 6: Friedrich Forssmann: Wie ich Bücher gestalte.
Bd. 7: Hans Rudolf Bosshard: Regel und Intuition. Von den Wägbarkeiten und Unwägbarkeiten des Gestaltens.
Bd. 8: Carlos Spoerhase: Linie, Fläche, Raum. Die drei Dimensionen des Buches in der Diskussion der Gegenwart und der Moderne.
Bd. 9: Klaus Detjen: Außenwelten. Zur Formensprache von Buchumschlägen.
Bd. 10: Walter Pamminger: Konzeptionelles Buchgestalten
Bd. 11: Steffen Siegel: Fotogeschichte aus dem Geist des Fotobuchs
Bd. 12: Typografen der Moderne: Stanley Morison, Eric Gill und Paul Renner
Bd. 13: Thomas Boyken: Medialität des Erzählens
Bd. 14: Silvia Werfel (Hg.): Buchgestaltung in Deutschland
Bd. 15: Ursual Töller: Buchhandel. Da, wo wir Bücher kaufen
Bd. 16: Klaus Detjen (Hg.): Leipziger Dialog. Gespräche zur Buchgestaltung mit Judith Schalansky, Markus Dreßen und Bern Kuchenbeiser.
Bd. 17: Hans Adree: Morphologie der Schriftzeichen
Bd. 18: Klaus Detjen: Spatium – Fragmente der Schrift
Sonderband: Tschichold in St. Gallen – Jost Hochuli: Jan Tschicholds Arbeitsbibliothek in der Kantonsbibliothek Vadiana St. Gallen.
Eine sehr empfehlenswerte, ästhetisch ansprechende und handwerklich solide Reihe, die jedem am Buch Interessierten wärmstens ans Herz gelegt werden kann.
Ausführliche Informationen und Bestellungen direkt beim Wallstein Verlag.
Für ein Widmungsexemplar von J.R.R. Tolkiens "The Hobbit" wurde beim Auktionshaus Sotheby's der Rekordpreis von 187.000 € erzielt.
Weitere Infos auf sothebys.com und handelsblatt.com
Derzeit arbeitet der österreichische Filmemacher Harald Friedl an der filmischen Umsetzung des »ÖD« von Uwe Dick. Die Aufnahmen sind bereits eingespielt. Im Herbst soll dann auch der Schnitt abgeschlossen sein.
Bis dahin: eine bebilderte Hörprobe als kleiner Vorgeschmack.
Der Antiquar Phillip Pirages spricht über den Buchbinder Thomas James Cobden-Sanderson und seine Doves Bindery und zeigt wundervolle Beispiele dieser außergewöhnlichen und stilprägenden Einbände.
Ein schon etwas älterer aber sehenswerter Filmbeitrag über die Arion Press und ihre Arbeit am monumentalen Buchprojekt der »Holy Bible«.